Schal und Rauch (Lied) 
    Dein Bier war schon warm 
    Deine Zigaretten ausgedrückt 
    Ein Klappern drang aus deinem Schoß 
    Du hast einen Schal gestrickt 
     
    Hast mich angesehen 
    Meine Sinne ließen mich im Stich 
    Auf einer Wolke Zigarettenrauch 
    Sah ich nur deinen Schal und dich 
     
    Alles Schal und Rauch 
    Alles Schal und Rauch… 
     
    Durch deinen selbstgestrickten Pulli 
    Sah ich deine Gänsehaut 
    Ich habe deine Maschen 
    Deine Maschen gleich durchschaut 
     
    Ein kurzes Zögern noch 
    Dann öffnet sich dein Mund 
    Zu einem Gähnen 
    Du hast so schöne schwarze Haare 
    Auf deinen blonden Zähnen 
     
    Alles Schal und Rauch 
    Alles Schal und Rauch… 
     
    War es Zufall oder hat dich 
    Der Himmel zu mir geschickt? 
    Ich glaub, die Ironie des Strickschals 
    Hat uns in uns verstrickt 
     
    An unsern Latschen bleibt nichts hängen 
    Denn Profil haben wir nicht 
    Und ach, sind wir so flach 
    Steh'n wir uns nicht im Licht 
     
    Alles Schal und Rauch 
    Alles Schal und Rauch… 
     
    Geralf Grems (1998) 
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     Wein achten (Gedicht) 
    Der Mensch hat in der Weihnachtszeit 
    Nen Überfluss an Menschlichkeit 
    Um diesen wieder auszugleichen 
    Müssen Nadelbäume weichen 
    Im Stübchen richtig aufgebaut 
    Sind Gaben drunter schnell verstaut 
    In Folie verpackt, so liegen sie da 
    Luftdicht, luftdicht, tralalala 
     
    Doch nicht vergessen bei unsern Traditionsgesängen 
    Dass auch Bäume sehr an ihren Wurzeln hängen 
    Der Geburtstag von Jesus ein Schauprozess 
    Für Ehekrach und Einkaufsstress? 
    Die Mutter verkriecht sich in die Küche 
    Die Kinder klopfen coole Sprüche 
    Der Vater hat, vom Stress gereizt 
    Die Wohnung wieder überheizt 
    Drum schwitzt stets in der Weihnachtszeit 
    Der Baum in seinem Nadelkleid 
     
    Und sitzt man dann so schön im Warmen 
    Und sieht im Fernsehn, wie es schneit 
    Liegt man sich selig in den Armen 
    Nennt man das nicht Armseligkeit? 
    Das Fest der Liebe kann man nur essend ertragen 
    Denn Liebe geht bekanntlich durch den Magen 
    Und hat der Mensch sich vollgefressen 
    Ist der Baum vertrocknet unter dessen 
    Glühender Liebe zur Tradition 
    Falsch verstand'ne Religion? 
     
    Ach, unser Bäumchen, isses nich schön? 
    Komm, wir lassen's noch ein Weilchen stehn 
    Der Mensch ist zufrieden, hat Spiele und Brot 
    Der Baum hat nur eins: Nadelverbot! 
    Wird das nicht streng genug beherzt 
    Hat sich's im Februar dann ausgemärzt 
    Und jedem Baum wird nunmehr klar 
    Wie schön es doch im Januwar 
     
    Geralf Grems (1998) 
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     Der Held (Gedicht) 
    Am Frühstückstisch mit großen Sorgen 
    Erkennt an einem frühen Morgen 
    Der Ehemann von seiner Frau 
    Vor dem Fenster ganz genau 
    Das Nest, gefüllt mit Amselkindern 
    Will eine böse Elster plündern 
     
    Kann es denn etwas Schlimm'res geben 
    Als das ungeschlüpfte Leben 
    Eines Tieres zu zerstören? 
    Um sich mehr als zu empören 
    Hält er die Flinte nun bereit 
    Im Arm seiner Gerechtigkeit 
     
    Verluste nimmt er nicht in Kauf 
    Denn er macht das Fenster auf 
    Bevor er den brutalen Räuber 
    Vernichtet mit dem Schrotzerstäuber 
     
    Das Feuer ist nun eingestellt 
    Gezeigt hat uns ein wahrer Held 
    Wie man verteidigt bis aufs Blut 
    Die Unschuld einer Vogelbrut 
     
    Sie bleibt gewahrt in ihren Schalen 
    Die Würde des Embryonalen 
    Denkt er, und verzehrt dabei 
    Sein wohlverdientes Frühstücksei 
         
    Geralf Grems (1998) 
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